Google öffnen, „AGB Online Shop“ eingeben, gewissenhaft die Sucherergebnisse zusammenkopieren und schon ist die AGB oder besser gesagt der Vertrag fertig.
Das beschreibt wohl den klassischen Vorgang, wie die meisten einen Vertrag erstellen. Wir machen es uns natürlich nicht ganz so leicht und die Ergebnisse wären auch andere. Doch was machen wir eigentlich? Welche Überlegungen liegen der Vertragsgestaltung zu Grunde und wie bauen wir unsere Verträge auf?
Dazu wollen wir euch im Folgenden gerne einen Überblick geben. Der Beitrag ist für euch interessant, wenn ihr allgemein an Vertragsgestaltung interessiert seid oder wenn ihr mit dem Gedanken spielt, uns zu beauftragen. Sicherlich findet jeder ein paar Antworten in den folgenden Ausführungen.
Good to know:Allgemeine Geschäftsbedingungen sind übrigens auch ganz normale Verträge. Um genau zu sein, gelten alle Verträge, welche potentiell mehr als einmal verwendet werden sollen, als AGB. Wenn ihr mehr dazu wissen wollt, dann lest unseren Beitrag hierzu.
Inhaltsverzeichnis
Der Grundgedanke - Von der Idee zum Vertrag
Vor jeder Tat steht die Idee. So ist es auch bei der Vertragsgestaltung. Bevor wir uns ans Werk machen, prüfen und analysieren wir den Willen aller Vertragsparteien. Ein großer Teil unserer Aufgabe ist es daher, im Vorfeld die Wünsche und Ideen aller Vertragsparteien oder unserer Auftrageber:innen herauszuarbeiten, um diese entsprechend umzusetzen.
Dabei stellen wir uns als erste Frage: „Wer sind die Parteien und was planen diese?“ Dies findet sich dann im ersten Teil, der „Präambel“, wieder.
Dann geht es wohl zur wichtigsten Feststellung: „Welche Leistungen wollen die Parteien austauschen bzw. welche sollen angeboten werden?“ Dies prägt den zweiten Teil unserer Verträge, welchen wir „Leistungen“ nennen. Entsprechend des Vertrages wird dieser auch immer wieder angepasst.
Alle weiteren Teile richten sich dann im Kern nach dem zweiten und ersten Teil und bilden konkret ab, was die Parteien oder unser:e Auftrageber:in besonders geregelt haben möchte oder was eben per Gesetz geregelt werden sollte, um den Vertrag rechtssicher umsetzen zu können.
Bei den weiteren Teilen handelt es sich um die Laufzeit des Vertrags, mögliche Schlechtleistungen und die Nebenpflichten. Die Schlussbestimmungen schließen dann den Vertrag ab.
Wenn euch das noch zu abstrakt war, dann lest gerne weiter und schaut, wie wir diese Teile im Detail planen. Vielleicht hilft es euch einen eigenen Vertrag zu erstellen oder ihr fragt einfach uns.
Was ihr noch wissen solltet:Bevor ihr den folgenden Text lest, wollen wir euch noch darauf aufmerksam machen, dass wir keine üblichen Verträge erstellen. Das liegt daran, dass wir uns lange Gedanken gemacht haben, was unsere Partner sich eigentlich wünschen. Deshalb haben wir das Konzept und den Aufbau von Verträgen neu gedacht, deren Struktur vereinfacht und zugleich übersichtlicher gemacht. Bei uns gibt es keine Paragraphen mehr, sondern Überschriften und der Aufbau aller Verträge ähnelt sich im Kern sehr stark. Das macht diese modularer und anpassungsfähiger im Alltag. Auch unsere Vertragssprache haben wir angepasst - weg von der kryptischen Jura-Sprache, hin zu mehr Verständlichkeit. Bei uns gibt es sogar personalisierte Verträge, welche eurem CI entsprechen. Da werden die AGB gleich zu FAQ. Wenn ihr dazu Fragen habt, dann schreibt uns gerne an hello@ktr.legal.
Die Präambel - Das Herz
Die Präambel ist wohl der am meisten unterschätzte Teil eines Vertrages. Viele lassen sie gleich ganz weg oder verlieren sich in sinnlosem Blabla, welches sie dann in jedem ihrer Verträge aufnehmen. Das ist schade, da die Präambel einen Vertrag so viel besser machen kann.
Die Präambel ist das „Herz“ des Vertrages und fasst verständlich zusammen, zu welchem Zweck die Parteien einen Vertrag schließen. Es empfiehlt sich daher zu beschreiben, was die Parteien antreibt, also bspw. welche Leistungen sie anbieten und was sie gemeinsam planen, wie die Entwicklung einer Software oder das Erbringen einer Dienstleistung. Zudem finden sich an dieser Stelle wichtige zusätzliche Informationen zu Besonderheiten, welche im Vertragstext keinen Platz haben, aber einen wichtigen Kontext herstellen.
Sollte es später zu Streitigkeiten über den Vertrag kommen, dann hilft die Präambel enorm bei der Auslegung von einzelnen Klauseln. Hinter jeder Meinungsverschiedenheit über vertragliche Klauseln steht die einfache Frage: „Was haben sich die Parteien dabei gedacht?“. Und genau diese Frage beantwortet die Präambel.
Hauptleistungen - Der Motor
Nachdem wir alle wichtigen Umstände in die Präambel aufgenommen haben, geht es ans Eingemachte. Wir überlegen uns, was der konkrete Inhalt des Vertrages ist und stellen die so genannten Hauptleistungspflichten fest.
Das sind die Pflichten, welche den Kern des Vertrages ausmachen. Wenn ich etwas kaufe, dann bezahle ich Geld, um die Kaufsache zu bekommen. Der Verkäuferin geht es also um das Geld und mir um die Kaufsache. Im Arbeitsvertrag geht es dem Arbeitnehmer um den Lohn und der Arbeitgeberin um die Arbeitsleistung.
Natürlich treffen die Parteien auch andere Pflichten, bspw. soll Verschwiegenheit bewahrt werden oder die Kaufsache soll auch der Beschreibung entsprechen, aber das sind nicht die Hauptpflichten, sondern Nebenpflichten. Dazu später mehr.
Die Hauptleistungspflichten bestimmen den weiteren Charakter des Vertrages und haben Einfluss auf die Art und Weise, wie ich diesen beenden kann oder welche Nebenpflichten mich treffen.
Beispielsweise kann ich einen Mietvertrag kündigen, weil dieser auf Dauer angelegt ist (Stichwort „Dauerschuldverhältnis“) oder von einem Kaufvertrag zurücktreten, um diesen zu beenden und rückabzuwickeln. „Beenden“ muss man an dieser Stelle selbstverständlich weit verstehen. Ein Kaufvertrag ist normalerweise beendet, wenn die Leistungen erfüllt wurden, also das Geld gezahlt und die Kaufsache übergeben wurde.
Kompliziert wird es zudem dann, wenn mehrere Hauptleistungspflichten auf beiden Seiten bestehen. Ein Vertrag könnte die Pflicht zur Herstellung eines Gegenstandes haben und später noch die Pflicht den Gegenstand zu pflegen. Die Gegenleistung ist in beiden Fällen eine Geldzahlung, doch die Pflichten sind zum einen „Herstellung“ – zum Beispiel eine Software – und zum anderen „Pflege“ – zum Beispiel Support für eine Software. Hier ist es wichtig, die daraus resultierenden Neben- und Hauptleistungspflichten klar zu trennen und herauszuarbeiten, welche weiteren Konsequenzen und Überlegungen dies mit sich bringt.
Vertragslaufzeit - Beginn, Dauer, Ende
Nachdem wir festgestellt haben, welche Hauptleistungspflichten jede Partei hat, ergibt sich daraus bzw. wann der Vertrag beginnt und wie dieser möglicherweise beendet werden könnte. Selbstverständlich kann man bereits hier Absprachen treffen.
Ist es ein Vertrag, der auf Dauer angelegt ist, wie bspw. eine Miet- oder ein Mobilfunkvertrag, dann braucht es eine Vertragslaufzeit, die Art und Weise der Kündigung und ob sich bspw. der Vertrag automatisch verlängert. Ein Vertrag kann auch unbefristet sein, was normal bei privaten Mietverträgen ist.
Verträge, die nicht auf Dauer angelegt sind, kann man sozusagen rein rechtlich gar nicht kündigen. Zwar ist es immer das erste Wort, was einem einfällt, doch es macht keinen Sinn. Man kann bspw. von einem Vertrag zurücktreten, die Leistungen mindern oder diese widerrufen, wie es online oft möglich ist, aber kündigen tut man diese nicht. Es würde sich doch absurd anfühlen, wenn man nun in der Bäckerei sagen würde: „Ich kündige den Vertrag!“. Ich glaube, da weiß auch niemand, was man mit der Aussage anfangen soll.
Good to know:Sofern man übrigens von einem Vertrag zurücktritt oder diesen widerruft, entsteht ein neues Vertragsverhältnis, nämlich das Rückabwicklungsverhältnis. Demnach müssen beide Parteien das jeweils Erlangte zurückgeben, sofern dies möglich ist. Wenn ich mein gekauftes Brötchen schon gegessen habe, dann kann ich es natürlich schlecht zurückgeben, also muss ich den Wert ersetzen, was so gesehen nicht der Kaufpreis ist, sondern der Herstellungspreis. Der Kaufpreis muss wiederum an mich zurückerstattet werden.
Schlechtleistung | Haftung | Gewährleistung - Wenn es mal nicht so gut läuft
Da ich weiß, welche Hauptleistungen die Parteien erfüllen müssen, kenne ich auch die jeweiligen Pflichten der Parteien, wenn etwas schiefläuft. Man könnte argumentieren, dass dieser Teil auch zur Nebenpflicht gehört, doch würde die Abgrenzung wirklich schwerfallen und den Teil der Nebenpflichten noch mehr überladen.
Man kann argumentieren, dass man Verträge nur verschriftlicht, um festzuhalten, was wer wem schuldet und was passiert, wenn das nicht klappt. Der Teil mit dem „wenn das nicht klappt“, betrifft Haftung und Schlechtleistung. Auch hier unterscheiden sich die möglichen Gestaltungen der Verträge erheblich – abhängig von der Hauptleistungspflicht.
Sofern ich ein Werk schulde, ich also beispielsweise ein Haus bauen soll, muss ich gewährleisten, dass das Haus gewissen Standards genügt und zudem alles bietet, was vereinbart wurde. Ich schulde also einen Erfolg.
Bei einem Kaufvertrag schulde ich zwar nur, dass ich die Kaufsache für den/die Käufer/in beschaffe, aber da muss ich drei Jahre lang gewährleisten, dass die Sache für den vorgesehenen Einsatz funktioniert.
Das verhält sich ganz anders, wenn ich eine Dienstleistung oder meine Arbeitskraft erbringe. Da ist es meine Pflicht, die Leistung höchstpersönlich zu erbringen. Mein Vertragspartner hat aber keinen Anspruch darauf, dass ich das gut mache oder sich irgendein Erfolg einstellt. Gehe ich zur Massage, dann schuldet mir der Masseur nur eine Massage, aber eben nicht, dass ich mich danach entspannt fühle.
Hat man die „Schlechtleistung“ geregelt, folgt die Frage, was passiert, wenn bei der Vertragserfüllung etwas schiefläuft: die beliebte Haftungsfrage. Dieser versucht natürlich gerne jeder aus dem Weg zu gehen, aber sie will einfach nicht verschwinden. Ein Ausschluss der Haftung ist jedenfalls nur in ganz bestimmten Fällen möglich und da ist man wirklich gut beraten, eine Expertin oder einen Experten zu fragen.
Was passiert also, wenn beim Bau des Hauses ein Stein herunterfällt und das Auto der Auftraggeber:in beschädigt wird. Wer haftet dafür? Oder wie verhält es sich, wenn bei der Massage die Liege zusammenbricht und man sich verletzt?
Unabhängig von der Frage, ob man überhaupt haften muss, ist es an diesem Punkt wichtig, festzulegen, in welchem Umfang man haftet. Hier wird oftmals die Haftung für leicht fahrlässige Umstände ausgeschlossen. Und verständlicherweise birgt jeder Vertrag auch andere Haftungsrisiken in sich. Das Krankenhaus verantwortet Leben, während der Onlineshop eben „nur“ Gegenstände verkauft. Die spezifischen Haftungsrisiken müssen dann genau hier abgebildet werden.
Wenn wir Verträge gestalten, müssen wir uns an dieser Stelle viele Möglichkeiten ausdenken, wo etwas schieflaufen könnte, um die Haftung bestmöglich zu regeln. Da kann man also wieder kreativ werden.
Nebenpflichten | Weitere Bestimmungen - Was sonst noch wichtig ist
So, jetzt kommen wir eigentlich zum längsten Teil, den wir aber kurz abhandeln werden. Wir könnten jetzt aufzählen, was es alles für Nebenpflichten geben kann und das wäre wohl eine unendliche Aufgabe, denn jeder Vertrag und jede Situation bringt eigene besondere Nebenpflichten mit sich. Wir werden also darauf verzichten und uns ein wenig abstrakter äußern.
Die Nebenpflichten umfassen letztlich alles, was nicht als Hauptleistungspflichten gilt. Okay, wir drehen uns im Kreis. Es ist zwar eine äußerst simple Erklärung, aber sie kann nicht oft genug betont werden. Die Nebenpflichten erstrecken sich von Regelungen, wie eine bestimmte Dienstleistung zu erbringen ist, bis hin zu allgemeinen Vereinbarungen zur Verschwiegenheit oder der Lieferung von Gegenständen.
Die Nebenpflichten haben das Potenzial, das Vertragswerk um zehn Seiten zu verlängern und wir neigen bei der Erstellung unserer Verträge dazu, diese nochmals in Unterüberschriften aufzuteilen, um übersichtlich zu bleiben.
Kurz gesagt, finden sich hier alle weiteren Vereinbarungen und Details, welche den Vertrag bei seiner Ausübung zum Leben erwecken und besondere Erwähnung finden sollten.
Unnützes Wissen am Rande:In einem Darlehensvertrag ist übrigens die Rückzahlung der Raten „nur“ eine Nebenpflicht. Die Hauptpflicht ist die Zinszahlung, denn nur daran verdient die Bank. Die Raten selbst hatte diese ja schon vorher.
Schlussbestimmungen - Die Regelungen zum Vertrag
Der letzte Teil ist nicht mehr ganz Teil der Regelungen zum Vertragsverhältnis, sondern Regelungen über den Vertrag selbst. Hier finden sich oftmals standardisierte Klauseln und man kann darüber streiten, ob manche überhaupt Sinn machen.
Gerne wird bspw. die Salvatorische Klausel aufgenommen, bei der eine nicht kleine Zahl von Jurist:innen sagt, dass diese rechtlich gar keinen Sinn ergibt bzw. keine Wirkung erzielt.
Oftmals finden sich auch Regelungen zur Wahl eines Gerichtsstandortes im Streitfall oder welches Recht eines Landes Anwendung auf den Vertrag finden soll, beispielsweise die Gesetze der BRD. Dies haben wir wohl alle schon einmal gelesen und gekonnt überlesen. Die Bedeutung lernt man erst zu schätzen, wenn es dann doch zum Rechtsstreit kommt und man unerwarteter Weise 600 km fahren muss, um zum Gerichtstermin zu kommen.
Das Fazit und die Kunst der Mechanik
Spätestens bei den Nebenpflichten konnte man gut erkennen, wie sich ein Vertrag von sehr abstrakt (Präambel) zu immer konkreter (spezifische Nebenpflichten) entwickelt. Es stellt einfach gesagt den Flow des Vertrages dar und bildet eine simple und klare Struktur für den Vertrag.
Dem Vertrag wohnt sozusagen eine Mechanik inne und sobald man ein Zahnrad ändert, sollte man prüfen, ob das Uhrwerk noch funktioniert. Die Struktur stellt sich daher als schwerste Aufgabe beim Erstellen eines Vertrages heraus und erfordert viel Aufmerksamkeit.
Bei der Erstellung eines Vertrages gilt es deshalb, nicht nur Einzelfragen zu betrachten, sondern immer den Gesamtkontext zu verstehen und beides gut aufeinander abzustimmen.
Wenn ihr Fragen habt oder gerne wissen wollt wie es läuft, wenn wir euren Vertrag erstellen, dann meldet euch gerne bei uns. Entweder gleich über unseren Kontakt oder per E-Mail an hello@ktr.legal.
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