Nachdem das OLG Frankfurt 2019 in dem Fall der Influencerin “Sonnyloops” ein bedeutendes Urteil für alle Influencer ausgesprochen hatte, folgte dieses Jahr der BGH.
In gleich drei Verfahren setzte der BGH neue Richtlinien für die Influencer-Welt. Im Mittelpunkt standen dabei die Influencerinnen Luisa-Maxime Huss, Leonie Hanne und Cathy Hummels. Letzte errang schon in den letzten Jahren immer wieder kleine Siege für alle Social-Media-Persönlichkeiten. Aber auch wenn die Urteile des BGH vom 09.09.2021 nicht als kompletter Sieg bezeichnet werden können, schränken sie die Influencer:innen zumindest nicht stärker ein.
Mehr zu den Siegen von Cathy Hummels hier
Inhaltsverzeichnis
Worum ging es in den Entscheidungen eigentlich?
Zum Fall vor dem OLG
Im Fall “Sonnyloops” ging es um Bildposts mit Produktempfehlungen und entsprechenden Verlinkungen zu den Instagram-Accounts der jeweiligen Anbieter. Beklagt wurde, dass diese nicht als “Werbung” gekennzeichnet wurden. Am Ende lag für das OLG ein kommerzieller Zweck vor, der eine Kennzeichnung als “Werbung” notwendig machte. Die Influencerin präsentierte sich zwar als Privatperson, aber die Posts förderten die entsprechenden Unternehmen entweder durch Verkäufe oder eine Verbesserung des Images. Da es für die Follower aus den Umständen nicht ersichtlich war, musste der Hinweis “Werbung” zwingend erfolgen.
Die Fälle vor dem BGH
Wie im Fall “Sonnyloops” ging es auch in den drei Verfahren (Urteile vom 09.09.2021, AZ: I ZR 126/20 (Hummels), I ZR 125/20 (Hanne) und I ZR 90/20 (Huss)) vor dem BGH um die Problematik “Wann muss ein Post als Werbung gekennzeichnet werden?”. Während sich zwei der drei Influencerinnen über ihre Urteile freuen konnten, ging es für Luisa-Maxime Huss nicht wie gewünscht aus. Doch was war passiert?
Verfahren gegen Luisa-Maxime Huss
Cathy Hummels und Leonie Hanne konnten mit strahlenden Gesichtern aus ihren Verhandlungen gehen, anders Luisa-Maxime Huss. In ihrem Verfahren ging es um einen Post über eine “Rasberry Marmelade”. Das Problem? Die Influencerin bekam für diesen Post eine Gegenleistung, vergaß jedoch, den Post mit “Werbung” zu kennzeichnen.
Der BGH zögerte nicht und bestätigte die bestehende Rechtsprechung. Bekommen Influencer für ihren Post eine Gegenleistung, liegt ein kommerzieller Zweck vor. Die Kennzeichnung als Werbung ist zwingend und darf nicht unterlassen werden.
Die Entscheidung zu den "Tap Tags"
Für die Influencer-Welt viel interessanter dürfte aber die Entscheidung zum Einsatz von “Tap Tags” bei Posts ohne Gegenleistung sein.
Als Influencer:innen stehen die entsprechenden Personen immer zwischen privater Meinungsfreiheit und kommerziellen Interessen. Was wann vorliegt, ist oftmals nur schwer für die Follower ersichtlich. Genau deshalb ist die Kennzeichnung als Werbung so wichtig.
Vor dem BGH ging es jetzt um Posts mit privaten Meinungsäußerungen, für welche es keine Gegenleistung gab. Die Posts waren jedoch mit sogenannten “Tap Tags” versehen. Ein “Tap Tag” ist die Verlinkung auf dem Bild oder Video selbst zum entsprechenden Unternehmen. Da man durch Klicken auf den Tag weitergeleitet wird, heißt es “Tap Tag”.
Für die Follower bedeutet das, dass sie schnell auf die Profile der entsprechenden Unternehmen gelangen können. Es stellt sich die Frage, ob somit ein kommerzieller Zweck und damit ein Fall der Werbung vorliegt? – Das höchste deutsche Zivilgericht sagt “Nein”.
Das alleinige Setzen von “Tap Tags” reicht nicht aus, um ein kommerzielles Interesse hinter dem Post zu sehen und damit eine Kennzeichnung verpflichtend zu machen. Influencer:innen muss es immer noch möglich sein, auch private Meinungen im Netz zu teilen.
Eine Entscheidung die zumindest für ein leichtes Aufatmen bei allen deutschen Influencern geführt haben sollte.
Das sagt der BGH zusammenfassend
Was war jetzt der Kern der Entscheidungen des BGH?. Zunächst müssen Posts, für welche Influencer eine Gegenleistung erhalten immer als Werbung gekennzeichnet werden.
Ebenso muss eine Kennzeichnung auch dann erfolgen, wenn der entsprechende Post den Umständen nach “übertrieben kommerziell” wirkt. Wann das der Fall ist, hat der BGH leider offengelassen. Erfolgt eine Verlinkung auf die Webseite des Unternehmens, muss zumindest auf den kommerziellen Gedanken mit “Werbung” hingewiesen werden. Gleiches gilt, wenn sich nicht mit der nötigen kritischen Distanz mit dem Produkt oder der Dienstleistung auseinandergesetzt wird, sondern diese(s) lediglich übertrieben positiv dargestellt wird.
Das heißt: Eine klare Linie für Influencer gibt es nach wie vor nicht. Vielmehr kommt es weiterhin auf den Einzelfall an. Jedoch konnte der BGH einige Anhaltspunkte für die Influencer geben.
Wer auf der sicheren Seite sein möchte, sollte dennoch lieber einmal zu viel als zu wenig den Post mit “Werbung” kennzeichnen.
Was Influencer jetzt schon beachten können
- Deutliche Kennzeichnung der Werbung
Die Kennzeichnung als Werbung muss leicht erkennbar und unmissverständlich erfolgen. Am besten gleich am Anfang des Posts und nicht als Hashtag unter den anderen Angaben.
- Auch private Posts können Werbung sein
Auch private Posts können Schleichwerbung darstellen, immerhin ist eine Gegenleistung durch das Unternehmen nicht ausschlaggebend. Also Achtung: Auch Eigenwerbung kann Werbung sein. Notfalls den Post lieber kennzeichnen.
- Keine Kennzeichnung bei deutlichem kommerziellen Interesse
Ist aus den Umständen das kommerzielle Interesse des Influencers oder des Posts erkennbar, ist eine Kennzeichnung nicht erforderlich. Aber Achtung, hier gelten strenge Maßstäbe. Im Falle Cathy Hummels wurde vom Gericht entschieden, dass der blaue Haken hinter dem Nutzernamen ausreicht, um den kommerziellen Gedanken für die Follower erkenntlich zu machen.
- Keine Kennzeichnung journalistisch-redaktioneller Inhalte
Journalistisch-redaktionelle Inhalte müssen grundsätzlich nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Solche Inhalte liegen allerdings nur vor, wenn der Post erkennbar der Information und Meinungsbildung dient. Bei einer übertrieben positiven Darstellung des Produkts oder der Leistung ist das nicht der Fall.
- Rücksicht auf die eigene Zielgruppe nehmen
Die eigene Zielgruppe bedenken: Je jünger das Publikum, desto höher die Anforderungen und desto eher muss der Post als Werbung gekennzeichnet werden. Helfen können die Fragen: Können meine durchschnittlichen Follower den Werbecharakter meines Posts erkennen? Werden sie hierdurch motiviert sich mit dem Produkt näher zu beschäftigen?
Insgesamt bleibt es nach wie vor eine Entscheidung im Einzelfall, ob die Werbekennzeichnung in Sozialen Medien geboten ist. Auch hier steht dir das Team von KTR.legal gern beratend zur Seite!
Photo by Maddi Bazzocco on Unsplash